Ilse Maier, Biopionierin und sympathischer Freigeist

Wer zum ersten Mal auf den Geyerhof in Oberfucha bei Furth kommt, in diese ländliche Idylle, eingebettet in sanfte Hügel, Wälder und Felder, fühlt sich regelrecht verzaubert: sorgfältig instandgehaltene herrschaftliche Gebäude, ein riesiger Garten, der geschickt die Balance hält zwischen gepflegt und charmant verwildert, ein Holzfeuer, das im Kamin des stilvollen Degustationsraums knistert, sodass man sich sofort willkommen fühlt – und dann erst noch eine Gastgeberin, deren herzliche Art von entwaffnender Natürlichkeit ist!

Einst gehörte der Geyerhof, 1135 erstmals urkundlich erwähnt, zum berühmten Benediktinerstift Göttweig, das wie ein Adlerhorst hoch droben auf einem Ausläufer des Dunkelsteinerwalds thront und die ganze Gegend überblickt. Seit dem 16. Jahrhundert ist das Gut im Besitz der Familie Maier. Ilse Maier, die jüngste von drei Schwestern, hat den Betrieb als junge Frau von ihren Eltern übernommen. «Als meine Kinder noch klein waren, hat mich mein Mann, der Forstingenieur ist, stark unterstützt», erzählt sie, «seither kümmert er sich wieder vermehrt um sein eigenes Beratungsbüro.»

Mitglied der grünen Bewegung

Ilse, studierte Agronomin, engagierte sich schon während ihres Studiums für die grüne Bewegung – und demonstrierte wie viele andere ihrer Generation voller Leidenschaft (und mit Erfolg) gegen das geplante Wasserkraftwerk, das die Hainburger Au zerstört hätte. Als Ilse 1986 den traditionsreichen elterlichen Betrieb mit Landwirtschaft, Bäumen und Weinbau übernahm, stellte sie ihn ohne Zögern auf biologische Bewirtschaftung um. Und gehörte damit zu den ersten Biopionieren in Österreich.

 

Ilse Maier
Ilse Maier

Heute, dreissig Jahre später, umfasst das Gut neben 23 Hektar Reben eine ebenso grosse, extensiv kultivierte Ackerfläche, eine Imkerei (der biologische Honig ist von kraftvoller Würze – absolut köstlich!) und seit kurzem auch wieder sechs Weiderinder. Bienen und Rinder haben «die Jungen» eingeführt; seit zwei Jahren arbeiten Ilses Sohn Josef und seine Frau Maria mit im Betrieb. Josef hat in Geisenheim und Wien Weinbau und ökologische Landwirtschaft studiert, seine Frau Maria ist Biologin – für das Wohlergehen von Regenwürmern, Insekten, Wiedehopf & Co. ist also auch künftig gesorgt. Nicht zuletzt dank dem Projekt Wildwux, bei dem sich die Maiers engagieren und das mittels gezieltem Naturschutz wertvolle Lebensräume für bedrohte Pflanzen- und Tierarten erhalten will.

«Oberfucha liegt auf einer geologischen Grenze», erklärt die Hausherrin, «deshalb besitzen wir ganz unterschiedliche Bodentypen: Urgestein, Löss, sandige Böden und tertiäre Schotterböden.» Bestockt sind sie fast ausschliesslich mit weissen Sorten: 60% sind dem Grünen Veltliner vorbehalten, 30% beansprucht der Riesling, 5% teilen sich Weissburgunder und gelber Muskateller. Und auf den letzten 5% setzt der Zweigelt schüchtern einen kleinen roten Akzent.

«In früheren Jahrhunderten war die Landwirtschaft eher ein Nebenzweig», erzählt Ilse und zeigt uns den ehemaligen Pferdestall. «Der Haupterwerb war damals eine Ziegelei. Die Ziegel wurden per Schiff auf der Donau nach Wien transportiert. Und das hier ist das Schiffsmeisterhaus.» Sie zeigt auf ein schmuckes Gebäude mit dem Familienwappen, das auch alle Flaschen ziert: ein Schiff mit gehisstem Segel und ein Fährmann, der einen Anker
geschultert hat. Ein Schiffsmeisterhaus? Hier, hoch über der Donau? Vorsichtig fragen wir nach, bisweilen ist der charmante österreichische Dialekt ja nicht ganz einfach zu verstehen. Ilse lacht ihr glockenhelles Lachen. «Gell, da staunt’s ihr, so weit oben…» Aber tatsächlich geht die Konzession für den Schiffsmeister und den Betrieb einer Gastwirtschaft auf Kaiserin Maria Theresia zurück.

Mittlerweile hat sich Josef zu uns gesellt. Er zeigt uns zusammen mit Ilse den phantastischen Keller, oder besser: die Kellergewölbe, im 13. und im 16. Jahrhundert bis zu acht Meter tief in die Erde gegraben und durch lange Gänge miteinander verbunden, mit perfekten natürlichen Bedingungen und hoher Luftfeuchtigkeit. «Und das ist der Franzosenkeller. Hier haben unsere Vorfahren ihr Hab und Gut vor den Franzosen versteckt, als Napoleon und seine Truppen in der Wachau lagen…»

Weniger ist mehr

Die Arbeit im Keller? So einfach und so natürlich wie möglich. Ganz nach dem Motto: weniger ist mehr! «Wir lesen selbstverständlich nach Lagen getrennt alles von Hand in kleinen Kistchen und lassen uns Zeit dabei. Die Hauptlese findet immer im Oktober statt, auch in warmen Jahren, das ist wichtig für die Aromatik. Die Trauben werden ganz gepresst, also mit den Stielen, von Anfang an mit viel Sauerstoffkontakt, denn wir wollen keinen überfruchtigen Grünen Veltliner. Die Weine bleiben bis Februar oder März auf den Feinhefen, manchmal auch bis September, so brauchen sie sehr wenig Schwefel.» Die Devise ist immer: So wenig wie möglich eingreifen. Vergoren wird, wenn es geht, spontan, mit Naturhefen. «Wir bevorzugen trockene Weine», meint Ilse, «aber wenn die Gärung von selber stoppt, dann lassen wir den Wein entscheiden. Sogenannt kleine Jahrgänge wie etwa 2004 ergeben übrigens oft grossartige Grüne Veltliner…»

Das ist das Stichwort für Josef. Er öffnet Flasche um Flasche, wir verkosten konzentriert das gepflegte Sortiment mit Weinen, die so unprätentiös, unaufgeregt und gradlinig sind wie ihre Macher. «Was uns interessiert, sind Terroirweine. Individuelle, lebendige Weine mit unserer ganz persönlichen Handschrift.» Weine, die dank der biologischen Bewirtschaftung mit perfektem Gleichgewicht bestechen, nicht zu alkoholisch sind und mit ihren tief wachsenden Wurzeln die Essenz aus ihrem jeweiligen Terroir holen. So wie beispielsweise der auf kalkhaltigem Donauschotter und Löss gepflanzte Grüne Veltliner Rosensteig, der durch Gradlinigkeit, saftige Frucht und zarte Kräuterwürze überzeugt. Oder der Grüne Veltliner Steinleithn 2016 Erste Lage von sehr kargen, steinigen Böden, spät gelesen und erst vor kurzem abgefüllt: in der Nase noch zurückhaltend, zeigt er im Gaumen sein Potential, mächtig und doch filigran, von straffer Mineralität und verspielter Säure getragen. Der Riesling Kirchensteig 2016 Erste Lage steht ihm in nichts nach: gradlinig, dicht, dynamisch, von herrlicher Finesse und Rasse.


«Unsere Weine brauchen ein bisschen Zeit und Luft», findet Ilse Maier. Und wer ihnen diese Zeit lässt, wird nach einigen Jahren mit Weinpersönlichkeiten für seine Geduld belohnt, die eine wunderbar komplexe Tiefgründigkeit offenbaren. Warum sie nicht zertifiziert biodynamisch arbeitet? «Ich will mich nicht von A bis Z einer Philosophie unterwerfen, will mir keine Religion aufdrängen lassen, das ist mir zu eng», findet Ilse Maier entschieden. «Ich will mir einen freien Kopf bewahren.» Als Freigeist legt sie auch grössten Wert darauf, ihre Produktion von Anfang bis Ende zu kontrollieren. «Unser Betrieb hat genau die richtige Grösse. Nur so können wir unser kleines Paradies bewahren!»

Grüner Veltliner

Trotz seinem Namen hat der Grüne Veltliner keinerlei Verbindung zum Veltlin in der Lombardei, im nördlichen Italien. Tatsächlich hat der DNA-Test erst kürzlich gezeigt, dass es sich beim Grünen Veltliner um eine natürliche Kreuzung zwischen Savagnin Blanc (in Deutschland Traminer genannt) und einer unbekannten Sorte handelt. Letztere hat in Form eines einzigen Rebstocks überlebt, der mitten im Unterholz in St. Georgen am Leithagebirge in der Nähe von Eisenstadt (Österreich) wächst. Diese alte Rebe, die 2007 entdeckt wurde, weist ein einzigartiges DNA-Profil auf und gilt im Moment als einzige bekannte Vertreterin dieser Rebsorte. In St. Georgen hiess sie Grünmuskateller, doch um Verwechslungen mit der Muscat-Familie zu vermeiden, mit der sie keinerlei Verbindung hat, wurde sie schlicht St. Georgener getauft. Dieser einzigartige Rebstock wurde in der Folge vermehrt, und 2014 konnte der erste Wein von den 400 im Jahr 2012 gepflanzten Reben gekeltert werden.
Der Grüne Veltliner ist empfindlich auf Fäulnis und Echten Mehltau. In der Schweiz wächst er lediglich auf 8400 m2. Hauptsächlich verbreitet ist er in Österreich, wo er fast einen Drittel der gesamten Rebfläche einnimmt. Er ist eine vielseitige Sorte, der trocken, süss oder als Schaumwein gekeltert werden kann. Auf den besten Terroirs gewachsen, wird Grüner Veltliner von guten Winzern in der Regel zu einem trockenen Wein mit pfeffrigen, zitronigen Noten, erfrischender Säure und würzigem Finale gekeltert.

— Dr José Vouillamoz

Ilse Maiers Tipps

Restaurants
Sodoma « Zur Sonne »
Bahnhofstrasse 48
3430 Tulln an der Donau
+43 2272 64616

Steirereck
Am Heumarkt 2A/Im Stadtpark
1030 Wien

Hotel
AD VINEAS Gästehaus Nikolaihof
Kainzstrasse 14
3512 Mautern/Wachau
www.nikolaihof.at/gastehaus

Der idyllische Geyerhof in Oberfucha.
Der idyllische Geyerhof in Oberfucha.
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